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Kategorie: 4. GLOSSAR medizinischer Fachbegriffe

Personalisierte Medizin

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von H.P. Zenner, mit Beiträgen von M. Röcken und E. Zrenner

von H.P. Zenner, mit Beiträgen von M. Röcken und E. Zrenner

Personalisierte Medizin (Syn.: individualisierte Medizin) 

"One size does not fit all" Gleiches gilt für Therapieverfahren, insbesondere für Arzneimittel. Antidepressiva wirken häufig nur bei 38% der Patienten, während 62% nicht davon profitie­ren. Ähnlich niedrige Wirksamkeitsquoten existieren für Arzneimittel gegen Asthma und Dia­betes. . Es werden also zahlreiche der Kranken mit sehr eingreifenden Arzneimitteln einschließlich ihrer Nebenwirkungen behandelt, ohne dass diese eine Wirksamkeit entfalten.

An dieser Stelle greift die molekulare, individualisierte Medizin ein, indem sie versucht, prädiktive Tests für Biomarker zur Wirk­samkeit und / oder Toxizität zur Verfügung zu stellen. Grundlage der Prädiktion sind die modernen „Omex“-Technologien, Sie umfassen vor allem Genomik und Epigenomik, Transskriptomik, Proteomik, Metabolomik, Mikrobiomik, Bildgebung und Funktionsanalysen. Das Ergebnis ist relmäßig eine Flut von Daten - Big Data. Regelmäßig ist deshalb eine umfangreiche biomathematische Analyse aufgrund von Big Data erforderlich. Der ansonsten übliche Blick des Arztes auf Biomarkerergebnisse auf einem oder mehreren Datenblättern ist nicht mehr ausreichend: nur in Kooperation mit dem Biomathematiker kann der Arzt seine Prädiktion auf der Basis der erzeugten Daten durchführen.


Hier einige Beispiele: 

HNO-Krankheiten. Beim Morbus Osler wurden zwei Gene identifiziert (HHT1 und HHT2), die für die Proteine Endoglin und ActivinR-ähnlicheKiNase kodieren (Bossler et al., 2006). Sie können im Rahmen der individualisierten Medizin bei der Frage von Shunts in Gehirn, Lunge und Leber genutzt werden. 

Bei cochleären Hörstörungen (Lin et al.,2012) haben molekular-genetische Untersuchungen bei einer Gehörlosigkeit  (Taubheit, Ertaubung) für die Indikationsstellung von Cochlear-Implants  eine bedeutende Rolle übernommen. Handelt es sich um eine frühkindliche auditorische Neuropathie, kann die molekulargenetische Analyse des Gens OTOF hilfreich sein, welches das Protein Otoferlin kodiert. Otoferlin ist für die Steuerung eines Ionenkanals von Haarzellen von Bedeutung, der seinerseits bei der Frequenzkodierung eine Rolle spielt (Zak et al., 2011). Auf diese Weise kann zwischen prä- und postsynaptischer Neuropathie unterschieden werden. Bei fehlender Otoferlinexpression muss es sich um einen präsynaptischen Schaden handeln, so dass von funktionsfähigen afferenten Nervenfasern ausgegangen werden kann und eine Frühimplantation einesCochlear-Implants indiziert werden kann (Smith et al., 2011). Eine weitverbreitete Rolle spielt die Mutationsanalyse von Connexin 26 bei frühkindlicher beidseitiger hochgradiger Schwerhörigkeit und Gehörlosigkeit (Brownund Rehm 2012). Fehlende oder unzureichende Expression führt zu Störungen in Gap Junctions des InnenOhres (Qu et al., 2012). Die humangenetische Analyse des Connexin 26 kodierenden Gens wird daher nicht selten für dieI ndikationsstellung frühkindlicher Cochlear-Implantationen mitgenutzt (Black etal., 2011). In Entstehung begriffen ist darüber hinaus die routinemässige Analyse des DFNA2-Gens, welches für den Ionenkanal KCNQ4 in Haarzellen kodiert. KCNQ4 ist ein wichtiger Ionenkanal, der am Ende des Transduktionszyklus eine unverzichtbareRolle spielt (Gitter et al, 1986). Sein Fehlen kann zur Gehörlosigkeit führen undkann damit für die frühkindliche Indikation eines Cochlear-Implants beitragen (Smithet al., 2011). Darüber hinaus können in Zukunft alle bekannten Usher-Gene frühzeitig auf Veränderungen untersucht werden, um auf diese Weise bei Beginn einer Schwerhörigkeit oder bei frühzeitig auftretenden Sehstörungen, insbesondere im Kindesalter, das Usher Syndrom frühzeitig zu identifizieren (Yang et al., 2012). Auf diese Weise kann rechtzeitig die Indikation für ein Cochear-Implantgestellt werden, so dass eine Kommunikationsfähigkeit trotz Gehörlosigkeit und Erblindung erhalten bleibt (Loundon et al., 2003).

Augenkrankheiten. Die optimale Auswahl von Spendergewebe bei der Hornhauttransplantation unter Berücksichtigung des molekularen HLA-Phänotyps lässt postoperativ eine personalisierte medikamentöse Abstossungsprophylaxe auf der Grundlage von individuellen Risikoprädiktoren möglich werden. Bestimmte Glaukomformen entstehen aufgrund spezifischer Genmuster. Bei kongenitalen Glaukomen ist eine Mutation in den Genen CYP1B1 und LTBP2 festgestellt worden (Khan, 2011); das primäre Offenwinkelglaukom ist mit Mutationen in Genen wie MYOC, OPTN und WDR36 assoziiert, wodurch hier eine personalisierte molekulare Medizin in Form von genetischen Tests zur besseren Vorhersage der Krankheitswahrscheinlichkeit eingesetzt werden kann (Khan 2011, Ramdas et al., 2011).

Bei der frühkindlichen Netzhautdegeneration sind gentherapeutische Verfahren aufgrund einer Mutation im RPE65 Gen bei 30 behandelten Patienten durchgeführt worden. Dies hat zu einer eindeutigen Verbesserung der Lebensqualität dieser Patienten geführt (Maguire et al., 2009,Jacobson et al. 2012).

Im Rahmen neovaskulärer Erkrankungen der Retina wurde vor Kurzem entdeckt, dass das Vorhandensein bestimmter Allele in den Genen HTRA1 und ARMS2 zu erhöhtem Risiko für das Auftreten von altersabhängiger Makuladegeneration führen kann. Genetische Tests können hier zu einer frühzeitigen Diagnose beitragen, wodurch in Kombination mit dem Vermeiden weiterer Risikofaktoren (Rauchen, Alkohol) das Auftreten der altersabhängigen Makuladegeneration verzögert oder sogar gänzlich vermieden werden kann (Lima et al., 2010; Kortvely et al.,2010; Chan et al., 2007).

Für altersbedingte Makuladegenerationen liegen erste kleinere Studien vor, die für den monoklonalen Antikörper Ramibizumab eine erhöhte Odds ratio ergeben, wenn die CFH-Variante als Indikator genutzt wird (Shastry, 2010 a,b).

Eine wichtige Rolle spielt die Personalisierte Medizin bei der Leberschen kongenitalen Amaurose (LCA). Nicht nur dass die humangenetische Bestimmung von RPE56 die Diagnose sichert: Im Tierversuch konnten gentherapeutische Ansätze, die darauf abzielen, die normaltypische Gensequenz in retinale Ganglienzellen einzuschleusen, Ergebnisse zeigen, die zur klinischen Anwendung beitrugen. Heute ist bereits der klinische Beweis einer effektiven Gentherapie erbracht (Koilkonda und Guy 2011).

Grundsätzlich ist als Voraussetzung für die Teilnahme von Patienten an gentherapeutischen Studien die zweifelsfreie Identifikation der krankheitsauslösenden Mutation notwendig. Hier werden momentan in der Augenheilkunde micro Array Chips und targeted Next Generation Sequencing (NGS) als Nachweismethoden in der Klinikentwickelt (Zernant et al.,2011; Daiger et al., 2011).

 

Nervenkrankheiten. Bei der Behandlung des Schlaganfalls wird der Plättchenaktivitätsinhibitor Clopidogrelverwendet. Genetische Varianten können mit unerwünschten klinischen Nebenwirkungen verbunden sein (Anderson et al., 2010). Genutzt wird die CYP2C19-Genotypisierung, welche sich allerdings für die begleitende Indikation von Protonenpumpeninhibitoren noch nicht als ausreichend sicher herausgestellt hat. Hirnverletzungen (TBI, traumatic brain injury) können bei einer Subgruppe von Betroffenen mit kognitiven, somatischen und Verhaltenstörungen verbunden sein. Untersuchungen der microRNA in Monozyten weisen auf ein TBI-Zeitfenster bei der Behandlung des Gehirns hin (Pasinetti et al., 2010).

Für die Duchenne-Muskeldystrophie ist Dystrophin als das Produkt des Dystrophie-Locus bekannt, wobei zahlreiche unterschiedliche Mutationen von der Punktmutation bis zu ausgedehnten Deletionen bekannt sind. Therapeutisch wird die Korrektur von Genprodukten erwartet (Barbash et al., 2012; Arechavala-Gomeza et al., 2012;Seto et al., 2012, El Andaloussi et al., 2012).


Urologie. Für die häufige benigne Prostatahyperplasie werden Alphablocker gegen drei verschiedene Rezeptorsubtypen (1a, 1b, 1d) verwendet (Kojima et al., 2009). Auf der Grundlage von single-nucleotide-Polymorphismen sowie microarray-basierter Genexpression werden Prediktoren für die stratifizierte Arzneimittelanwendung erwartet (Kojimaet al., 2009).

 

Frauenheilkunde. In der reproduktiven Medizin werden die genetischen Grundlagen einer Ovulations-Induktion und einer Stimulation des Ovars mit dem Ziel mono-ovulatorischer Zyklen an anovulatorischen Frauen untersucht (Fauser et al., 2008; Gonzales-Fernandez et al., 2011).

 

Hautkrankheiten. Umfangreiche Untersuchungen sind in der Vergangenheit bei Erkrankungen der Haut durchgeführt worden. Die Microrarray-Chip-Technology hat die Entdeckung mehrerer individueller Genomprofile erlaubt. Es wird daher für die Erkrankungen der Haut mittelfristig eine recht weitgehende Anwendung der personalisierten Medizin erwartet. Wichtige Studien wurden für die Psoriasis durchgeführt, für die mithilfe von Single-Nucleotide-Polymorphismen Kandidaten-Gene identifiziert wurden. Genmutationen im IL-35-Rezeptor, ein Rezeptor, der dem Interleukin1-Rezeptor verwandt ist, verursachen ein sehr hohes Risiko für lebensbedrohliche pustulöse Formen der Psoriasis (Marrakchi et al., 2011).Verschiedene Genvarianten der Glutathion-S-Transferase sind vermutlich prädiktiv für die Verträglichkeit einer Fumerat-Therapie bei der Psoriasis (Ghoreschi et al., 2011). Für die Anwendung des monoklonalen Antikörpers Rituximab konnte gezeigt werden, dass die Therapieantwort mit dem FC-Gamma-Rezeptor-Gen-Polymorhismus koinzidiert, welcher Effektivität und Toxizität beeinflusst.

Die Infektionsdermatologie umfasst die molekulare personalisierte Diagnostik insbesondere bei schweren mukokutanen Kandidosen und HIV-Infektion. Multiple Resistenzen gegen selbst moderne Azole verlangeneine prädiktive Testung (Jayasinghe et al., 2006). Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die antiretrovirale Therapie bei HIV-Infektionen, die an das Resistenzspektrum der Viren adaptiert werden muss (so die K65R-Mutation). Weiter ist das subjektive Risiko, schwere Arzneimittelexantheme zu entwickeln, vorhersagbar. Da bekannteste Beispiel sind die schweren Arzneimittelexantheme auf Abacavir bei dem HLA-B5701-Genotyp (Saag et al., 2008). Auch beim Menschen lassen sich durch genetische Analysen bestimmte Infektionsrisiken individualisiert beschreiben. So führen spezifische Mutationen in der DNA-Bindungsstelle des STAT3 zu Störungen im Bereich desSTAT3/IL17-Singalweges. Dies verursacht das Hyper-IgE-Syndrom mit Empfänglichkeit für Staphylokokken-Infekte, das Job-Syndrom (Minegishi et al.,2009). Ein anderes Beispiel sind besondere Mutationen im CCR5-Chemokin-Rezeptor, die die individuelle Suszeptibilität für HIV-Infektionen bestimmen.

Im Bereich des atopischen Ekzems lässt sich etwa die Hälfte der Krankheiten durch Punktmutationen im Bereich des Filaggrin-Gens erklären. Sie indizieren die spezifische Therapie der Haut mit hydrierender Externa (Kubo et al., 2012).

Schwere Arzneirmittelaktionen im Bereich der Dermatologie umfassen einerseits Medikamente, die zu schweren Erkrankungen der Haut führen, einschließlich despotenziell tödlichen Lyell-Syndroms. Andererseits umfassen sie Medikamente, die in der Dermatologie eingesetzt werden und zu schweren lebensbedrohlichenReaktionen führen können. Beispiele für Reaktionen, die bereits prädiktiv im Rahmen der personalisierten Medizin getestet werden können, ist die Analyse von HLA-B*5701, HLA-DR7 und HLA-DQ3 vor dem Einsatz von Carbamazepin (McCormack etal., 2011).

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Bestimmung der Aktivität der Dimethylpurintransferase vor dem Einsatz des Medikamentes Azathioprin. Gerade letzteres ist Teil der täglichen Routine.

Zuden klassischen genetisch bedingten Krankheiten, für die bereits sehr genauegenetische Mutationen beschrieben sind, sind insbesondere die Störungen der Verhornung und die genetisch bedingten Blasen bildenden Krankheiten zu zählen. Ein drittes großes Feld sind die großen Gruppen der Bindegewebserkrankungen, wie klar definierte Mutationen in Kollagenproteinen oder plastischen Phase, die zu Erkrankungen wie beispielsweise Ehlers-Danlos-Syndrom oder das Pseudoxanthoma elacticum (Röcken et al., 2010). Besonders große Fortschritte in der Charakterisierung wurden auf dem Gebiet der Blasen bildenden genetischen Hauterkrankungen erzielt. Hier wurden zahlreiche Punktmutationen beschrieben, die den Verlauf der Erkrankungen weitgehend vorhersagen und auch personalisierte Behandlungen inzwischen in die Klinik bringen (Uitto et al.,2010).

Ein ganz neues Feld, in dem sich die Personalisierte Medizin von vornherein sowohl m Bereich der Diagnose als auch der Therapie fest etabliert hat, sind die„Inflammations-„Krankheiten, die auf klar definierten Mutationen im Bereich des„Inflammasom-„Komplexes beruhen. Zu den Krankheiten, deren Verlauf sich durchdefinierte Mutationsanalysen genau vorhersagen lässt, zählen die Kälteurtikaria, das Schnitzler-Syndrom, und das PAPA-Syndrom, TNF-Rezeptor-assoziierte Fiebersyndrome, einige Formen der Vitiligo, die Gicht sowie anderen Krankheiten und möglicherweise auch Sonderformen der Psoriasis (Brydges et al., 2009;Kastner et al., 2011; Nakamura et al., 2009; Röcken 2011; Yazdi et al., 2010). Siehaben eine wegbereitende Bedeutung im Bereich der personalisierten Medizin. MittelsBeeinflussung des genetisch gestörten Signalweges im Bereich der IL-1-Kaskadeoder der TNF-Kaskade können diese sonst weitgehend therapieresistenten Krankheiten sehr wirkungsvoll behandelt werden. Voraussetzung dafür ist aber, dass die genetische Mutation molekular oder funktionell nachgewiesen wird.


Krebskrankheiten

Onkologie

 

(Neuroonkologie). Im Rahmen des Cancer-Genom-Atlas-Projektes (Fueyo et al., 2011, Weller et al., 2010 a, b) konnte die Methylierung des Genpromoters der O6-methylguanine-DNA-methyltransferase (MDM) als molekulare Indikationsgrundlage für die Anwendung alkylierender Chemotherapie beim Gliom identifiziert werden.

 

Bei Kopf-Hals-Tumoren wird die Bestimmung von HPV 16/18 für die Prognose und damit für die chirurgische Therapieentscheidung beim Oropharynx- und Larynx-carcinom eingesetzt (Ragin und Taioli, 2007). Die Anwendung proteomischer Methoden ist in den Anfängen begriffen (Fung und Grandis, 2010, Yarbrough et al., 2006). Darüber hinaus wird erwartet, dass der EGFR (epidermal growth factor receptor) als molekulare Zielstruktur dann genutzt werden kann, wenn beispielsweise K-ras als unmutiertes Ziel sowie HER2/EGFR-Mutationen (die z.B. zur EGFR-Trunkierung führen) für die Indikation geeigneter monoklonaler Antikörper genutzt werden können.

 

(Onko-Dermatologie). Im Bereich der Onko-Dermatologie wurde für vier der wichtigsten Tumorentitäten eine molekular Personalisierte Medizin bereits realisiert, bei Melanomen, Basalzellkarzinomen, spinalzellulären Karzinomen und T-Zell-Lymphomen der Haut. Menschen mit bestimmten MC1-R-Genotypen besitzen ein besonders hohes Risiko, BRAF-mutierte Melanome zu entwickeln (Landi et al., 2006) Melanome des Auges beruhen dagegen auf Mutationen des GNA11-Gens (Van Raamsdonk et al., 2009). Dies hat direkte therapeutische Konsequenzen. Weiter sind für die Therapieentscheidung bei metastasierten Melanomen die Analyse von C-Kit-Rezeptor Mutationen, der BRAF-600VE-Mutation und von NRAS-Mutationen für gezielte molekulare Therapien unabdingbar. Exklusiv bei K642E-KIT-mutierten metastasierten Schleimhautmelanomen wurden Therapien mit Imatinib und verwandten ThyrosinkiNaseinhibitoren indiziert (Lutzky et al., 2008), bei BRAF-V600E-mutierten Melanomen Behandlungen mit Vemurafenib (Chapman et al., 2011). RAS-Mutationen können von Bedeutung sein, um das individuelle Risiko für das Auftreten von kutanen spinozellulären Karzinomen unter dem BRAF-Inhibitor Vemurafenib vorauszusagen (Su et al., 2012).

Im Bereich der spinozellulären Karzinome ist die Expression von EGF-Rezeptoren und ihrer Mutationen wichtig, um das Ansprechen von EGF-Rezeptorantagonisten vorherzusagen (Mauerer et al., 2011, Sabattini et al. 2010).

Bei Basalzellkarzinomen sind Mutationen im Bereich des Hedgehog (PCTH1) und Smoothened (SMO) Pathway bei der Frage einer therapeutischen Hedgehog-Inhibion z.B. mittels small Molecules mitentscheidend (Weiss et al., 2012, Kudchadkar et al., 2012, Raju und Pham 2012, Von Hoff et al., 2009). Interessanterweise haben sehr viele sporadische Basalzellkarzinome erworbene Mutationen (Stacey et al., 2011).

Kutane T-Zell-Lymphome werden spezifisch durch die Expression des CLA-Moleküls charakterisiert. Spezifische Modulatoren, die die Migration CLA-positiver Lymphome beeinflussen, haben sich in der personalisierten Therapie schwerer kutaner T-Zell-Lymphome bewährt (Alemtuzumab; Clark et al., 2012).

(Frauenheilkunde). In der Gynäkologie wird seit mehreren Jahren z.B. die Bestimmung von BRCA1/2 für das genetischen Councelling bei der Suszeptibilität hereditärer Krebserkrankungen verwendet, was sowohl Eingang in der Vorsorge als auch in der Therapie der betroffenen Patientinnen gefunden hat (Horsman et al., 2007, Schmutzler et al., 2003, Karlan et al., 2007). Molekular stellten sich Mammacarcinome als distinkte molekulare Subtypen heraus (Harbeck et al., 2010), so dass von einer heterogenen Erkrankung gesprochen werden kann. Ebenso haben insbesondere zielgerichtete Therapeutika gegen HER2 und ER eine deutliche Verbesserung des Überlebens bei den Patientinnen mit Detektion der Zielstruktur gezeigt (Davies et al., 2011, Gianni et al., 2011). In den letzten Jahren kommen zunehmend molekulare Marker zum Einsatz (Oncotype DX®, MammaPrint, uPA/PAI-1), die die heterogenen molekularen Subtypen des Mammakarzinoms identifizieren und insbesondere bei primären Mammakarzion zur Abschätzung der Agressivität der Erkrankung und bei der Entscheidung bezüglich einer adjuvanten Chemotherapie herangezogen werden können (Goldhirsch et al., 2011). Für die Anwendung von Tamoxifen ergab die diagnostische Nutzung der CYP2D6-Variante ein Anstieg der Odds ratio (de Souza und Olopade 2011, O´Donnell und Ratein 2012). Eine Verbesserung der Prognose durch den Einsatz von CYP2D6 als Marker für das Ansprechen von Tamoxifen hat sich bisher allerdings nicht bestätigt.

 

(Urologie). Beim Blasencarcinom stoßen Chirurgie und Chemotherapie an Grenzen. Auf der Grundlage der Reverse-Phase-Protein-Microarray-Technik wurden erste proteomische Untersuchungen durchgeführt (Ehdaie et al., 2009). Es konnte gezeigt werden, dass den nicht muskel-invasiven Tumoren eine differente Pathogenese im Vergleich zu den muskel-invasiven Tumoren zugrunde liegt und diese durch spezifische molekulare Veränderungen wie Mutationen in FGFR3 sowie die Expression von p53, RB und MIB-1 differenziert werden können (Van Rhijn et al, 2010). Erste prognostische Marker zur Vorhersage der Metastasierung auf Grund eines 20-Genexpressionmodells (Smith et al., 2011) oder prädiktive Marker in Korrelation zum Ansprechen auf eine Chemotherapie (Hoffmann et al, 2010) erscheinen viel versprechend. Eine genombasierte Therapie wird in einigen Jahren erwartet (Shah et al., 2011). Vergleichbare Erwartungen publizierten (Fredolini et al., 2010) für das häufigste Carcinom des Mannes, das Prostatacarcinom. Es werden neue Marker wie PCA3 und TMPRSS2 empfohlen und geprüft (Salagierski et al., 2012). Zur Verbesserung der Risikobewertung am Biopsiematerial werden derzeit umfassende genetische und epigenetische (miRNA-) Analysen durchgeführt. Laufende Studien prüfen neue molekulare Therapieansätze für hormontherapie-resistente Tumore wie MDV3100 (Gauthier et al., 2012). Erwartet werden klinische Anwendungen der Reverse-Phase-Protein-Microarray-Technik, genomische Untersuchungen an Geweben, die Nutzung der Massenspektrometrie sowie die Anwendung von Nanotraps für die Untersuchung nanotech-basierter Biomarker in Flüssigkeiten (Donovan et al., 2011). Auch das Nierencarcinom präsentiert ein Spektrum diverser epithelialer Tumoren, wobei die Therapie mit ThyrosinkiNaseinhibitoren in der Zukunft durch die Anwendung von Genomics und Proteomics zielgerichteter eingesetzt werden soll (Longo, 2012).

 

Genetische, epigenetische sowie Expressionsanalysen haben gezeigt, dass die Nierentumore in Subentitäten mit einer spezifischen Tumorbiologie und unterschiedlicher Prognose differenziert werden müssen. Prognostische Marker zur Einschätzung des individuellen Metastasierungsrisikos seien in naher Zukunft zu erwarten (Linehan et al., 2010).