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Kategorie: Ohr

Chronische Schleimhaut-Mittelohrentzündung

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Version 14

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Aktualisiert aus Zenner (Hrsg): HNO-Heilkunde, Kindle-Edition, 660 S.

Aktualisiert aus Zenner (Hrsg): HNO-Heilkunde, Kindle-Edition, 660 S.


Chronische MittelOhrentzündung der Schleimhaut
(Synonyma: Schleimhautentzündung des MittelOhr
s, chronische Otitis media mesotympanalis)


Definition: Chronische Entzündung der Schleimhaut von MittelOhr und Warzenfortsatz (Knochen hinter dem Ohr), als deren Folge eine zentraleTrommelfellperforation (Loch im Trommelfell) auftritt. Bei einem Teil derPatienten kommt es zu einem Verlust von Teilen der Gehörknöchelchen. Folge istzumeist eine chronische Schalleitungs-Schwerhörigkeit.


Ätiologie: Eine chronische MittelOhrentzündung entsteht fast niemals Folgeeiner akuten MittelOhrentzündung, sondern ist ein eigenständiges Krankheitsbild.Die Ätiologie ist ungeklärt. Auffällig ist, daßfast alle Betroffenen im Röntgenbild eine Minderbelüftung des Mastoids (Knochenhinter dem Ohr) aufweisen. Da die Belüftung des Mastoidsin den ersten Lebensjahren von statten geht und eine Leistung der MittelOhrschleimhaut ist, geht man von einerAssoziation der teilweisen Trommelfell- und Gehörknöchelchenzerstörung miteiner konstitutionellen Schleimhautstörung aus.


Pathogenese: Mit zunehmender Größe eines Trommelfelldefekts verschlechtert sich dieFunktion des Trommelfells als Schalldruckempfänger, weil zum einen dasFlächenverhältnis zwischen Trommelfell und Steigbügelfußplatte ungünstiger wirdund zum anderen sich die Schwingungsamplitude der Gehörknöchelchen verkleinert.Dadurch entsteht eine Schalleitungsschwerhörigkeit.

Bestehen gleichzeitig eine Trommelfellperforationsowie eine Unterbrechung der Gehörknöchelchenkette, so wirken sich zahlreicheweitere Umstände auf diese Schalleitungsschwerhörigkeit aus. Derartige Randbedingungensind:

  • der Ort der Kettenunterbrechung,
  • die Größe und die Lage der Trommelfell-Perforation,
  • die Konsistenz (tympanosklerotische Plaques) und anatomische Anordnung (Verklebungen) des Resttrommelfells.

Beispiel: Ein wichtiger Gesichtspunkt ist die sog. Schallprotektiondes runden Fensters. Das gesunde MittelOhr erlaubt die für die physiologischeWanderwelle des InnenOhrs erforderlichen gegenphasigen Ein- undAusschwingungen der ovalen und runden Fenstermembranen (wenn Steigbügel undovales Fenster einschwingen, muss das runde Fenster ausschwingen und umgekehrt(vgl. Kap. InnenOhr im Physiologielehrbuch).Physiologischerweise tritt der Schall nur durch das ovale Fenster in dieCochlea ein. Das runde Fenster hingegen ist vor dem Außenschall durch das Trommelfellgeschützt. Ist bei einem Trommelfelldefekt das Resttrommelfell so gelegen, dasstrotzdem noch die Schallprotektion des runden Fensters erreicht wird, so führenSchalldruckempfängerverlust des Trommelfells sowie Kettenunterbrechung zuSchalleitungsschwerhörigkeiten um etwa 28 dB. Führt der Trommelfelldefektjedoch zu einem Verlust des Schallschutzes für das runde Fenster, so kann derdort eintreffende Luftschall die zum ovalen Fenster gegenläufige(phasenverschobene) Auslenkung des runden Fensters verhindern und dieSchwerhörigkeit bis zu 42 dB steigern.


Klinik: monate- bis jahrelangeSchwerhörigkeit, bei einem Teil der Patienten schleimige, manchmal eitrigeSekretion aus dem Ohr.


Diagnostik: zentraler Trommelfelldefekt (Achtung: im Gegensatz dazu hat die chronische Knocheneiterung(Cholesteatom) in der Regel einen epitympanalen randständigenTrommelfelldefekt). Fast immer Schalleitungsschwerhörigkeit; Bildgebung:Pneumatisationshemmung des Mastoids.

Der Verlauf einer chronischen MittelOhrentzündung wird beeinflusst durch

  • eine evtl. bestehende Tubenfunktionsstörung,
  • einen evtl. reduzierten Allgemeinzustand (z.B. Diabetes mellitus) sowie
  • vor allem durch rezidivierende Perioden von Schleimsekretion wie auch
  • rezidivierende Perioden bakterieller Superinfektion mit Eiterausfluss.

Differentialdiagnose: chronische Otitis media epitympanalis (Cholesteatom, aber epitympanaler,randständiger Trommelfelldefekt; MittelOhrtuberkulose (mehrere Defekte imTrommelfell), MittelOhrkarzinom.

Therapie: Tympanoplastik: mikrochirurgische MittelOhroperation, bei der gleichzeitig dieEntzündung saniert, das Trommelfell verschlossen und die Gehörknöchelchenketteggf. wiederaufgebaut wird. Es gibt mehrere Typen von Tympanoplastiken.

Bei starker Sekretion Operationsvorbereitung durchsekretionshemmende Therapie; mehrmals täglich Reinigung des Ohres mit Wasserstoffsuperoxid, Alkohol oderKaliumpermanganat. Bei akuter Superinfektion mit purulenter Sekretion:Abstrich, systemische Antibiotikatherapie. Die lokale Gabe vonaminoglykosidhaltigen Ohrentropfen ist wegen Ertaubungsgefahrkontraindiziert. Aufgrund der hohen Allergisierungsrate bei lokaler Anwendungwird auch auf die lokale Anwendung anderer Antibiotika im Normalfallverzichtet.Nach Abklingen der akuten Exazerbation Tympanoplastik. Falls operativ keineHörverbesserung erzielt wird, bei beidseitiger Schwerhörigkeit Hörgerät oderelektronisches Hörimplantat.

Prognose: Nach einer Tympanoplastik heilt die chronische Schleimhautentzündung beinormaler Tubenfunktion in mehr als 80% der Fälle aus. Ohne Operationschubweiser Verlauf der chronischen MittelOhrentzündung mit Exazerbationen im Abstandvon Wochen, Monaten oder Jahre (z.B. Badewasser oder tubugene Infektionen),progrediente Schalleitungsschwerhörigkeit. Lebensbedrohliche Komplikationensind nicht zu erwarten.